Vom Umgang mit heimischen Wildtieren
Wolfgang Heper, erfahrener Naturschützer, Jäger und Umweltbildner gibt Tipps und Hinweise zum Umgang mit Wildtieren:
Aus der Serie
"Die Natur mit meinen Augen sehen"
von Wolfgang Heper
Hände weg, keine Wildtiere anfassen!
Junge Wildtiere warten meistens auf ihre Eltern. Sie wurden nicht verlassen. Solange der Mensch in der Nähe ist, werden die Elterntiere nicht ihre Jungen aufsuchen. Jungtiere sind oftmals noch nicht
scheu und nähern sich dann häufig dem Menschen. Dies tun sie aus Neugier und nicht, weil sie eine Erkrankung, wie z.B. Tollwut, haben.
Wildschweine
Achtung, kleine Wildschweine, Frischlinge genannt, auf gar keinen Fall anfassen! Es besteht akute Lebensgefahr – und zwar für Sie. Die Wildschweinmutter, Bache genannt, ist sehr angriffslustig und
zeigt keine Scheu vor Menschen, wenn es um ihre Jungen geht. Auch wenn ein Frischling in ein Loch oder einen Schacht gefallen ist und weit und breit kein Wildschwein zu sehen ist, unternehmen Sie
erst einmal nichts! Sobald der Frischling in seiner Angst quiekt, dauert es meistens nicht lange und die Bache ist zur Stelle.
Es kann auch vorkommen, dass sich Wildschweine in die Enge getrieben fühlen. Auch dann können sie zum Angriff übergehen. Reagieren Sie besonnen. Auch wenn es sich in so einer Situation absurd anhört: Laufen Sie nicht weg! Wildschweine sind wesentlich schneller. Machen sie sich groß und rufen laut. Haben Sie einen Hund dabei? Bitte in diesem Fall von der Leine lassen. Das Wildschwein sieht in den Hund den potentiellen Angreifer. Der Hund ist schneller und lenkt die Sauen von Ihnen ab. Einen kleinen Hund auf gar keinen Fall auf den Arm nehmen! Sie können sich denken, wie das ausgehen würde.
Rehkitze
Oft ist ihnen mit zunehmendem Alter langweilig und sie starksen irgendwo herum. Dann hört man auch manchmal ihre Fieptöne. Damit rufen sie die Mutter, Ricke genannt, aber wie schon gesagt, sie wird
sich nicht zeigen, solange Menschen in der Nähe sind.
Sollte das Kitz aber nicht nur tagsüber rufen, sondern auch nachts, so verständigen Sie bitte die Polizei. Die kennt den zuständigen Jagdpächter, der sich dann kümmern wird.
Es gibt für das allein gelassene Kitz viele Gründe: Tod der Mutter durch Autounfall, wildernde Hunde und auch Krankheiten. Aber niemals wird ein Jäger der Grund sein, denn zu dieser Jahreszeit ist es
verboten, eine Ricke zu schießen.
Junge Füchse oder Waschbären
Die Neugierde treibt sie immer wieder in die Nähe von Menschen.
Erstaunlicherweise trifft das eher bei jungen Waschbären zu. Diese putzig wirkenden Tiere sind bei uns auch in den Siedlungen an zu treffen. Hier finden sie genug Nahrung z.B. Katzenfutter das draußen steht.
Die Waschbären verstecken sich gerne in Gartenhäusern und Schuppen. Katzenklappen sind für die schlauen Tiere auch kein Hindernis. So kann es vorkommen, das sie auch in Haus gelangen. Bitte versuche sie nicht das Tier zu fangen. Besser ist Fenster oder Tür nach draußen öffnen und sich zurück ziehen. Dann wird der Waschbär das Haus verlassen, sobald er sich sicher fühlt.
Hasenjunge
Sie sitzen oft im Gras versteckt, wo sie von der Häsin zurückgelassen wurden. In der Dämmerung oder nachts säugt sie dann ihre verteilten Jungen. Die Möglichkeit zu verhungern geht bei älteren
Jungtieren gen null. Sie werden schon relativ selbständig geboren: die Augen sind auf, sie haben Fell zum Schutz gegen die Kälte und auch schon Zähne zum
Fressen. Nur weil sie in eine Art Starre verfallen, wenn sich ihnen etwas Unbekanntes nähert, heißt das nicht, dass sie hilflos sind. Es ist vielmehr ihre Überlebensstrategie. Man kennt das ja selbst
vom Versteckspiel: Bloß nicht bewegen und am besten nicht laut atmen.
Also Hände weg. Der Geruch des Menschen bedeutet für die Häsin Gefahr und für den noch sehr jungen Hasen damit den sicheren Tod.
Vögel
Bei einigen Vogelarten gibt es eine Nestling- und eine Ästlingzeit. Bei Letzterer verlassen die noch nicht flugfähigen Jungen das Nest. Andere Arten sind Nestflüchter, sie verlassen das Nest, kurz
nachdem sie geschlüpft sind.
Nestlinge
Nestlinge unter den Schreitvögeln sind Storch und Graureiher. Singvögel, wie Meisen oder Finkenvögel, gehören ebenso dazu, aber auch Schwalben und viele mehr.
Bei Nestlingen, die wir am Boden finden, sollten wir schon eingreifen, da sie es aus eigener Kraft nicht schaffen, in das Nest zurückzukehren. Aber Achtung! Das bedeutet für den Nestling, aber auch für seine Geschwister im Nest großen Stress. Daher ist es wichtig, die Dunkelheit abzuwarten, weil sonst die anderen in Panik auch aus dem Nest springen könnten.
Da Vögel im Gegensatz zu Säugetieren keinen so ausgeprägten Geruchssinn haben, bedeutet das für die Elterntiere
keine Gefahr für die Jungvögel, wenn wir sie anfassen. Sollten die Nestlinge schon durchgefiedert sein, reicht es, sie für Beutegreifer schwer erreichbar, z.B. auf einen Ast, zu setzen. Bei Schwalben
ist es wichtig, sie hoch genug zu setzen. Sie können mit ihren kurzen Beinchen sehr schlecht vom Boden aus starten. Sie müssen sich fallen lassen, um sich in die Lüfte zu schwingen.
Ästlinge
Ästlinge gibt es bei den Eulenartigen, bei den Rabenvögeln, aber auch Schwarzdrosseln sind ein Beispiel. Gerade bei Waldkäuzen hört man häufig, dass ein Jungtier
hilflos auf dem Boden hockt. Dabei hat die Natur hat sie wunderbar ausgestattet. Die Jungen können nämlich ihren krummen Schnabel nach Papageienart nutzen, um sich, unterstützt durch die Füße, an den
Bäumen hochzuziehen. Das klappt prima bei Bäumen mit grober Rinde, wie Eiche, Kiefer oder Fichte. Bei Bäumen mit glatter Rinde wie der Buche ist es aber zum Scheitern verurteilt. Da können wir
Abhilfe schaffen. Ein geeigneter Baum steht sicherlich in der Nähe. Hier setzen wir den Nestling in etwa zwei Metern Höhe auf einen Ast. Aber Vorsicht! Manchmal verstehen die Jungvögel gut gemeinte
Absicht nicht und wehren sich.
Nestflüchter
Zu den Nestflüchtern gehören Enten und Gänse, also Wasservögel, aber auch Hühnervögel wie Fasane, Rebhühner usw. und auch Kraniche. Die beiden zuerst genannten
legen ihre Nester oftmals an ungewöhnlichen Orten an. Sie brüten von uns unbemerkt zum Beispiel auf Verkehrsinseln, Balkonen oder in Gärten. Aber wenn die Küken geschlüpft sind, führt die Mutter sie
schnell zu einem Gewässer. Wer hat es nicht schon in den Nachrichten gehört: „Straße wegen Entenfamilie gesperrt“? Bitte schützen Sie also einfach nur die Wanderung und rufen eventuell die Polizei.
Niemals aber die Jungen einfangen und zu irgendeinem Gewässer bringen. Die spätere Familienzusammenführung geht dann oft genug schief.
Bitte allgemein beachten!
Verzichten Sie darauf, gefundene Nester immer wieder aufzusuchen. Beutegreifer wie Marder, Fuchs und Hauskatze folgen gerne unserer Spur, weil sie gelernt haben,
dass es dort immer was Interessantes zu entdecken gibt.
Frösche, Kröten und andere Amphibien
Diesen Tieren ins nächstgelegene Gewässer zu helfen, ist nur im Frühjahr sinnvoll, da sie dort laichen wollen. Danach ist das Herumtragen für die Tiere echter
Stress. Denn die Kröten usw. wollen nach ihrem Laichgeschäft in die angestammten Reviere zurückkehren, werden aber oft nach dem Auffinden in das nächste Gewässer geschleppt. Also wieder alles auf
Null: Erneut beginnt eine risikobehaftete Wanderung in das eigentliche Revier.
Jungtiere in Not / verletzte Wildtiere
Sollte trotz der oben beschriebenen Möglichkeiten ein Tier sehr auffällig sein, beobachten Sie die Auffindesituation genau. Für das bessere Wiederfinden ist es ratsam, den Ort zu kennzeichnen. Melden Sie Ihre Beobachtung dann an folgende Adressen, dort wird man alles in die Wege leiten:
Polizei
Feuerwehr
AG-Natur :
Wolfgang Heper
Im Rehagen 17
32547 Bad Oeynhausen
0177 66 96780 Mobil
05731 96780 Festnetz